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Kurzvita Jan Koetsier
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Jan Koetsier, geboren am 14.
August 1911 in Amsterdam als Sohn der Sängerin Jeanne Koetsier
und des Lehrers Jan Koetsier-Muller, erhielt bereits in früher
Kindheit musikalische Anregungen und Förderung (Klavierunterricht).
Seinen bald gefassten Entschluss zum Musikstudium verwirklichte
Koetsier, der mit seiner Familie im Jahr 1913 nach Berlin umzog,
nach Abschluss seiner Schulzeit: Als damals jüngster Student
bestand er mit 16 Jahren die Aufnahmeprüfung im Fach Klavier
an der Berliner Hochschule für Musik, wo er neben Klavier
u. a. Partiturspiel und Musiktheorie bei Walther Gmeindl und ab
1932 Dirigieren bei Julius Prüwer studierte. Gefördert
auch von Artur Schnabel, begann sich in dieser Zeit sein weiterer
beruflicher Weg: Komponist und Dirigent abzuzeichnen. 1933 übernahm
Jan Koetsier eine Arbeit als Korrepetitor am Stadttheater in Lübeck.
Bereits nach einer Konzertsaison kehrte er jedoch wieder nach
Berlin zurück und begab sich von dort aus als Dirigent von
Theaterensembles, wie etwa der »Deutschen Musikbühne«
und der »Deutschen Landesbühne«, auf Tournee;
erweiterte auf diese Weise sein Repertoire an bühnenmusikalischen
Werken.
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Jan Koetsier dirigiert in der Hochschule für Musik und Theater
München das Orchester der „Deutschen Landesbühne
e.V. Berlin“. Er kontrolliert durch den Kopfhörer den
Vortrag des Solisten aus der Schweizer Gesandtschaft.
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Ab 1936/37 erhielt er dann die Gelegenheit,
beim Kurzwellensender Berlin als freiberuflicher Dirigent die
Übertragung von eigens bearbeiteter Volksmusik, u. a. von
südamerikanischen oder afrikanischen Liedern, zu leiten.
Aufgrund der politischen Situation gab Koetsier im Jahr 1940 seine
Stellung am Berliner Rundfunk auf und nahm ein Angebot an, die
Tänzerin Ilse Meudtner über ein Jahr bei ihrer Tournee
am Klavier zu begleiten. Nachdem er im Anschluss daran als Dirigent
mit der in Den Haag neu gegründeten Kammeropera zahlreiche
holländische Orte bereist hatte (1941/42), übernahm
er den Posten des Zweiten Dirigenten beim »Concertgebouworkest«
in Amsterdam (1942-48) – eine zentrale Station in seiner
künstlerischen Laufbahn, die u. a. durch die Zusammenarbeit
mit dem Chefdirigenten des Orchesters, Willem Mengelberg, für
Koetsier wertvolle Anregungen und Erfahrungen mit sich brachte. |
Nach einer sich anschließenden kürzeren
Phase als Dirigent des »Residentie Orkest« und als
Dirigierlehrer am Königlichen Konservatorium in Den Haag
erhielt er 1950 ein Angebot des Bayerischen Rundfunks, als Erster
Dirigent beim dort neu gegründeten »Symphonieorchester
des Bayerischen Rundfunks« anzufangen. Sechzehn Jahre widmete
sich Koetsier in dieser Position insbesondere Studioproduktionen
aller Epochen und Stilrichtungen, die dort für den täglichen
Sendebetrieb gebraucht wurden. Daneben dirigierte er öffentliche
Konzerte, u. a. in der »musica viva«-Reihe des Bayerischen
Rundfunks. 1966 übernahm er eine Professur für Dirigieren
an der Münchner Hochschule für Musik und setzte sich
in dieser Zeit u.a. für die Reformierung des Lehrplans ein.
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Nach seiner Pensionierung widmete sich Koetsier in seinem Haus
in der oberbayerischen Gemeinde Rattenkirchen hauptsächlich
dem Komponieren. Zur Förderung junger Blechbläserensembles
begründete er in diesen Jahren den »Internationalen
Jan Koetsier Wettbewerb« (ab 1999 an der Hochschule für
Musik und Theater München).
Der intensive Kontakt zu Instrumentalsolisten
und Ensembles, den Jan Koetsier zeitlebens pflegte, und seine
Auseinandersetzung mit der musikalischen Praxis hatte die Entstehung
zahlreicher Auftragswerke zur Folge. Neben dem »Philip Jones
Brass Ensemble« und dem »Trio Armin Rosin« gehörten
die von Armin Rosin gegründete »Brass Philharmonie«,
das »Slokar Quartet«, das »Rennquintett«,
das »Leipziger Hornquartett« und die »Münchner
Blechbläsersolisten« sowie u. a. zahlreiche Streichersolisten
und Pianisten zu den Musikern, mit denen er immer wieder zusammengearbeitet
hat und aus deren Repertoire viele seiner Werke längst nicht
mehr wegzudenken sind. Die Tatsache, dass Koetsier sich bei seiner
Arbeit stets an musikpraktischen Gegebenheiten und Erfordernissen
orientierte, ist auch als primärer Grund für die Wahl
seiner Instrumentenkombinationen und -besetzungen anzusehen, etwa
die Verbindung von Horn und Harfe (Sonate, op. 94), 4 Tuben bzw.
Posaunen (»Wolkenschatten«, op. 136, für Tubaquartett;
»Die Bremer Stadtmusikanten«, op. 138, für Posaunenquartett)
oder Blechbläserquintett und Harfe (»Introduktion und
Variationen über das ›Vyšehrad‹-Thema von
Friedrich Smetana«, op. 71). Neben Kammermusik für
Bläser und Streicher unterschiedlichster Besetzung entstanden
Solokonzerte (z. B. das »Echo-Konzert« für 2
Piccolotrompeten und Streichorchester, op. 124, oder das Konzert
für Blechbläserquintett und Orchester, op. 133) sowie
zahlreiche Orchesterwerke, darunter Sinfonien und Serenaden; dazu
kommen Klavier- und Orgelmusik, einige Lieder, Chorwerke sowie
u. a. eine Oper (»Frans Hals«, op. 39).
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Viele dieser Kompositionen haben längst Eingang in die
Programmgestaltung von Konzerten im In- und Ausland gefunden.
Außer Koetsiers Kammermusik sind insbesondere die Solokonzerte
sowie die Orchesterwerke immer wieder zu hören –
herausragende Ereignisse waren beispielsweise Aufführungen
seines Konzerts für Trompete, Posaune und Orchester, op.
17, durch Rafael Kubelik und das »Symphonieorchester des
Bayerischen Rundfunks«, und der 3. Sinfonie, die u. a.
das »Philadelphia Orchestra« seinem Publikum in
Philadelphia und New York präsentierte.
Jan Koetsier beim 65. Geburtstag von Rafael Kubelik im
Jahre 1979
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Im Jahr 2002 beendete er seine kompositorische Tätigkeit
und übersiedelte mit seiner Frau Margarete ins Wohnstift
Augustinum in München. Dort starb Jan Koetsier am 28. April
2006.
© Stephanie Mauder |
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